“Ex- Ex-Raucher” und die Lüge des Rückfalls

Warum schwindeln Raucher und Ex-Raucher so oft, wenn es ums Rauchen geht? Ziel der Schwindelei ist immer das Objekt der Begierde: die Zigarette - oder bei anderen Süchten der Drink, das Heroin oder das Smartphone. 

Man möge mir die direkten Worte verzeihen, sie kommen von Herzen und sie stammen aus vielen Jahre Erfahrung im Umgang mit Süchtigen: zum einen habe ich in meinem vorigen Berufsleben viele Jahre als Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin auf einer Toxikologischen Intensivstation gearbeitet. Das ist eine Fachabteilung für Vergiftungen und naturgemäß gut „besucht“ von Süchtigen. Als ich später meine erste Praxis für medizinische Hypnose gegründet hatte, waren von Anfang an viele RaucherInnen dabei. 

Süchte sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Sie unterscheiden sich vor allem im Grad ihrer Schädlichkeit, ob es sich um eine physische oder psychische Sucht handelt und ob sie legal und damit gesellschaftlich akzeptiert sind oder ob sie illegal und geächtet sind.

Süchte und Schwindeleien

Was hat es nun mit den Schwindeleinen auf sich? Nun, auch wenn die Droge den Zweck erfüllt, eine innere Leere aufzufüllen oder die Realität besser erträglich zu machen oder einem den vermissten Glückskick zu verschaffen, so sind Drogen jedoch im allgemeinen (und in unterschiedlichem Ausmaß) für den Menschen schädlich. Um diesen Widerspruch aufzulösen, muss der/die Süchtige bis zu einem gewissen Grade die Realität ausblenden, wie sollte er sich sonst selber schädigen können? Nur auf diese Weise kann er/sie diese kleinen Glücksmomente aufrechterhalten – egal ob es der Kick beim Anzünden einer Zigarette ist oder die Freude über einen Like auf dem Social-Media-Kanal oder das Glas Wein, das die Umwelt und den Stress ein bisschen weiter wegrückt.

Um auf die RaucherInnen zurückzukommen: Natürlich gibt es RaucherInnen, die wirklich wissen, wie schädlich ihr Verhalten ist. Wer aber dieses Wissen nicht ständig verdrängt, sondern es wirklich mit sich trägt, ist ohnehin ein Kandidat fürs baldige Aufhören, egal ob mit Unterstützung von Hypnose, Akupunktur oder eines Nikotinpflasters oder ganz selbstständig.
Alle anderen müssen mit einer gehörigen Portion Verdrängung/Verharmlosung – zu Deutsch: Schwindelei - arbeiten, damit sie den Widerspruch aus Genuss und Selbst-Schädigung aufrechterhalten können. Typische Sätze sind: „Ich kann ja jederzeit aufhören“, „Ich habe es unter Kontrolle“, “Sobald der Stress weniger wird”, „Die Schädlichkeit des Rauchens ist nicht soo eindeutig nachgewiesen“, „Die eine Zigarette mehr oder weniger macht auch keinen Unterschied“, „Wir müssen sowieso alle einmal sterben“ usw.

Rückfall oder Ausrutscher?

Das ist alles relativ bekannt, aber es gibt eine andere, weniger bekannte, sehr spezielle Schwindelei: Stellen Sie sich vor, Sie sind RaucherIn und Sie haben gerade aufgehört – sagen wir vor 2 Wochen oder vor 2 Monaten – vielleicht ganz alleine oder mithilfe von Kaugummis oder Hypnose oder Akupunktur oder Meditation. Und dann passiert ein Streit mit dem Partner/der Partnerin oder der Chef hat einen angeschnauzt. Die Aufregung darüber ist so groß, dass man zu einem alten Muster greift, um sich zu beruhigen: man zündet sich eine Zigarette an. 

Und das ist der Moment, an dem die meisten (Ex-) Ex-RaucherInnen sich sagen: „Ach Mist. Hat alles nichts geholfen, ich bin rückfällig. Schade! Na ja, dann kann ich mir ja gleich noch eine anzünden.“ Das stimmt aber so nicht, sondern ist nur eine Ausrede, eine Schwindelei, weil sich viele insgeheim oder auch oft unbewusst darüber freuen, endlich wieder rauchen zu können. Mitnichten ist das ein Rückfall und es bedeutet auch nicht, dass alles in den letzten 2 Wochen oder 2 Monaten umsonst war. 

Es heißt nur, dass man jetzt noch genauer als vorher weiß, wo eine Schwachstelle liegt, wo eine Gefahr für einen Rückfall besteht: je größer der Druck in einem Augenblick ist, dem wir ausgesetzt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir in alte Muster zurückfallen – das ist völlig normal.

Bleiben Sie dran

Umso wichtiger ist es jetzt – und zwar sofort nach dieser einen Zigarette – sich hinzusetzen und sich ganz genau darüber bewusst zu werden, was passiert ist. Nehmen Sie sich Zeit, noch ist nichts verloren. Fallen Sie nicht auf Ihre eigene Schwindelei herein. Vielleicht haben Sie ja Aufzeichnungen über den Prozess des Aufhörens, dann holen Sie diese hervor und gehen Sie sie ganz genau durch. Wenn Sie mit der Unterstützung eines Therapeuten/Arzt/Coach aufgehört haben, kontaktieren Sie diesen sofort. Vielleicht genügt ein klärendes Gespräch oder vielleicht braucht es eine Auffrischung von Hypnose oder Akupunktur oder Meditation. Genau jetzt brauchen Sie Unterstützung, damit aus diesem einen „Ausrutscher“ kein Rückfall wird, sondern im Gegenteil eine Chance, noch mehr über sich selbst zu lernen. 

Geben Sie nicht vorschnell auf! 

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